Renault Captur – Ein kleiner Franzose schnuppert Höhenluft

Was bekommt man, wenn einen Renault Clio hochbockt und größere Räder dranschraubt? Fängt ja gut an. Über ein Auto schreiben wollen und sich dann gleich in der Einleitung drüber lustig machen. Um die Frage zu beantworten: Man erhält einen Renault Captur.

Die Aussprache
Und wie spricht man Captur bitte aus? Von den Franzosen war wohl irgendetwas in Richtung Kaptühr vorgesehen, was man hierzulande verständlicherweise allerdings kaum hört. Ich erinnere mich an den Lateinunterricht der Unterstufe und spreche es Kaptur aus, auch wenn dieses Auto mit Latein nichts zu tun hat und es wahrscheinlich genauso falsch wie das verbreitete Käpptschä ist. Trotzdem beharrt der Klugscheißer in mir jedes mal darauf, dass Captur und Capture nicht ein und dasselbe sind.

Die Gattung
Man kann von den geländeuntauglichen „Hausfrauenpanzern“ halten, was man möchte. Ich mag sie nicht. Bis auf erhöhte Sitzposition und altersfreundlichere Einstiegshöhe kann ich einfach keinen Grund für deren Existenz in einer mitteleuropäischen Stadt finden.
Der Captur will aber auch gar kein richtiger SUV sein, sondern zählt zu den „Mini-SUVs“. Ein „Mini Sport Utility Vehicle“ also. Heißt übersetzt „Kleines Sport- und Nutzfahrzeug“ oder „Kleine Geländelimousine“. Genauso wenig wie allerdings eine holzgetäfelte Decke und Seidenvorhänge aus einem Wohnmobil eine Luxusvilla machen, verwandeln ein paar Zentimeter mehr Einstiegshöhe einen Kleinwagen in einen SUV. Auch nicht in einen „Mini-SUV“. Der Captur hat schlicht nichts mit „Sport“ oder „Gelände“ zu tun. Die rückenfreundliche Belade- und Einstiegshöhe ist trotzdem super.

Die Fahrt
Und wenn wir gerade schon beim Lob sind: Fünf Sterne im Euroncaptest¹ und sparsame Motoren können sich sehen lassen. Nun aber genug der warmen Worte, denn besagte Motoren bewegen das Auto zwar von A nach B, wirkliche Kraft versprüht aber selbst die Dieselvariante nicht. Kupplung und Schaltung fühlen sich auch beim Neuwagen ausgeleiert an. Eine neutrale Beschreibung wäre wohl „weich“.

Auch beim Captur verzichtet Renault wieder auf ein analoges Tacho und platziert dafür mittig ein Digitaltacho. Geschmackssache. Das Gewohnheitstier in mir rebelliert.
Der Rückwärtsgang sitzt bei den 5-Ganggetrieben an der Stelle des eigentlichen sechsten Ganges. Das Geräusch beim Versuch diesen Gang während der Fahrt einzulegen durfte ich als Beifahrer bereits erleben und wirft die Frage auf, warum Renault diesen während der Fahrt nicht sperrt oder zumindest das Einlegen mechanisch von den anderen Gängen unterscheidet (z.B.: Herabdrücken oder Heranziehen).
Die Schlüsselkarte wird auch erkannt, wenn sie nicht im Kartenschlitz steckt. Entfernt man sich mit dieser vom Fahrzeug ohne abzuschließen, so verriegelt sich dieses nach einigen Metern von selbst und gibt dabei einen empörten Piepton von sich.

Die Optik
Äußerlich macht der Captur etwas her. Größere Reifen und eine Vielzahl an frischen Farbkombinationen werten einen Clio eben spürbar auf. Innen ist das typische, graue Renaultplastik teilweise einer edleren Klavierlackoptik gewichen. Aber warum bitte ausgerechnet an den Stellen, die man regelmäßig anfassen muss? Klavierlack. Schwarz. Finger. Fett. Wer macht denn so was? Zur Standardausrüstung im Captur sollte also ein Feuchtreinigungsset für Mediainterface, Türgriffe und Lenkrad zählen. In einer günstigeren Ausstattungsvariante sind wenigstens die Türgriffe wieder billiggrau und fingerabdruckimmun.

Die Vordersitze sind optional mit per Reisverschluss heraustrennbaren Sitz- und Rückenflächen ausgestattet, was die Reinigung erheblich erleichtern dürfte. Würde meiner Meinung nach auch auf der Rückbank Sinn machen, dort fehlt diese Möglichkeit.
Die Rückseiten der Vordersitze sind plastikverkleidet und leicht zu reinigen. Sitztaschen sucht man dort vergebens. In manchen Ausstattungsvarianten gibt es wenigstens die „Schnurinstallation“. In den Sitztaschen vergisst man so schnell nichts mehr, da kleinere Dinge nicht mehr reinpassen und größere deutlich sichtbar bleiben. Für Zeitschriften eine nette Idee.

Die Akustik
Motor- und Fahrgeräusche bleiben während der Fahrt deutlich wahrnehmbar, werden bei entsprechender Fahrweise aber auch nicht zu laut.
Musik lässt sich über Bluetooth genauso bequem hören wie über die Hardwareschnittstellen. Klingt nur leider alles sehr flach und unschön. Der SD-Kartenslot wird gegebenenfalls durch die SD-Karte fürs Navigationsgerät belegt.

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¹: Euroncap: Renault Captur auf euroncap.com am 20. Mai 2015