Video on Demand, die Zukunft des Films?

Die Internationalen Filmfestspiele von Cannes sind aktuell in vollem Gange und begeistern auch dieses Jahr wieder Fans und Macher der europäischen Filmkultur. Neben den beiden Dauerbrennern „Amerikanische Filmindustrie“ und „Online-Filmpiraterie“ erhitzt diesmal auch legales Streaming die Gemüter, denn ausgerechnet Ted Sarandos, Chief Content Officer bei Netflix, sprach über die Zukunft des Films.

Auch nach der nexflixschen Expansion im europäischen Raum (und den Plänen für den asiatischen Raum) nehmen Serien bei den Netflixkunden noch immer den Großteil des Video on Demand Konsums ein. Netflix möchte das ändern und künftig auch die eigene Filmproduktion ausbauen. Im Zusammenhang mit diesen Plänen strebt Netflix auch die gleichzeitige Veröffentlichung von Filmen in Kino und im Internet an. Die Filmwelt steht Kopf. Der Niedergang des klassischen Kinos wird erwartet.

Betrachtet man die Verwertungskette von Bewegtbildern, lässt sich feststellen, dass diese nicht für den Kunden, sondern für die größtmögliche Ausbeute pro Film respektive Serie existiert. So erkläre ich mir zumindest die strengen, chronologischen Veröffentlichungshierachien vom Kino über Pay- und FreeTV bis hin zu DvD, Blue-Ray und Video on Demand.

Netflix möchte aktuellen Content anbieten und Video on Demand damit vom Image des virtuellen Secondhandflohmarktes befreien. Auch wenn sich VoD immer weiter etabliert, so stellte es durch fehlende brandaktuelle Filme bisher doch keine ernstzunehmende Konkurrenz zu den einschlägigen, der Videopiraterie zugeschriebenen Portalen dar. Dabei ist das Modell der Streamingflatrate endlich eines, das für die meisten Zielgruppen tatsächlich auch bei Vielbenutzung noch attraktiv bleibt.

Besagte Pläne erzeugen scheinbar die Angst vor dem großen Kinosterben. Natürlich gibt es auch Stimmen, die das anders sehen. Die sind aber nicht laut genug.
Sind wir ehrlich, wenn man überhaupt vom Kinosterben im Speziellen sprechen kann, dann hat das schon vor dem legalen VoD begonnen. Die immense Nutzung des illegalen Streamings ließ sich anfangs nämlich vor allem mit einer fehlenden, legalen und attraktiven Alternative für zu Hause erklären. Dazu kommen höhere Kosten pro Kinobesuch bei gefühlt zunehmender Zahl an Veröffentlichungen.

Kommen wir zum Punkt. Kino und VoD konkurrieren meiner Meinung nach auch dann nicht direkt miteinander, wenn gleichzeitig veröffentlicht wird.
Der gemeinsame Kinobesuch hat eine unschlagbare, soziale Komponente und wird auch in Zukunft die beste Wahl für den durchschnittlichen Filmfan sein, wenn es um Bild- und Tonqualität geht. Kaum jemand wird allerdings von jedem interessanten Trailer auch tatsächlich an die Kinokasse gelockt. Genau da liegt die Stärke einer VoD-Flatrate. Filme, die man nicht auf der großen Leinwand sehen muss oder die nicht ganz oben auf der ToWatch-Liste stehen, werden trotzdem geschaut und letztendlich auch bezahlt.
Die Preise für VoD-Angebote werden aufgrund der großen Konkurrenz und der relativ niedrigen Zahlungsbereitschaft der Kunden wohl noch weiter fallen. Für den traditionellen Gang ins Kino greift derselbe Kunde aber gerne tiefer in die Tasche, auch wenn er dieses Angebot nicht so regelmäßig nutzt wie eben den Stream.

Ich erinnere mich an eine Aussage aus einem Interview in einer Radiosendung zum Filmfestival, in der ein Filmemacher eigentlich gegen Netflix wettern wollte, sich dann aber ziemlich abwertend gegenüber den Kunden äußerte, die „Filme auf dem Smartphone schauen“. Davon abgesehen, dass ein Film meiner Meinung nach tatsächlich Fläche und Sound zum Wirken braucht, richtet sich der Hass hier auf den Falschen. Wenn nämlich der Inhaltersteller dem zahlenden Kunden das Gefühl gibt, er wäre nicht erwünscht, dann darf er sich auch nicht über Kundenschwund beklagen.